Eigentlich ist Neil Youngs Position über die Jahrzehnte unverändert: Er steht rechts. Schon seit seinen kanadischen Jugendjahren bei den "Squires" in Winnipeg steht der Musiker vom Publikum aus gesehen auf der rechten Seite der Bühne. Eine bei rechtshändigen Gitarristen/Sängern beliebte Position, weil bei der Drehung hin zum Gesangsmikrofon die Bandkollegen nicht im Schwenkbereich des Gitarrenhalses stehen.
Konsequenterweise erklingt Neil Youngs E-Gitarre auf seinen Alben auch fast immer aus der rechten Lautsprecherbox. Der Mix entspricht also seiner Position innerhalb des Bandgefüges. Auf dem aktuellen Album "Psychedelic Pill" ist er mit seiner Leadgitarre sogar extrem weit nach rechts gemischt, während "Poncho" Sampedros Rhythmusgitarre das linke Extrem bildet. So weit auseinander waren die beiden "Crazy Horse"-Gitarren noch nie abgemischt.
Es gibt aber einige wenige Ausnahmen von der Regel. Auf diesen Aufnahmen ist Neil Young tatsächlich Linksextremist und seine Gitarre ist auf den linken Kanal gemischt. Kurios: Zu diesen seltenen "linken Mischungen" gehören sogar einige echte Klassiker seines musikalischen Werks. "Rusted Moon" präsentiert hier eine Übersicht über Neil Youngs seltene Ausflüge ins "linke Lager":
Southern Man
Neil Youngs Klassiker vom Album "After the Gold Rush" von 1970, machte den Anfang. Der Anti-Rassismus-Song wurde damals im Heimstudio von Youngs Haus im Topanga-Canyon aufgenommen.
Die Gretsch White Falcon wurde dabei - aus welchen Gründen auch immer - auf den linken Kanal gemixt. Dort erklingt auf späteren Aufnahmen des gleichen Songs mit CSN&Y die Gitarre von Stephen Stills, während Neil Youngs Gitarre zurück auf den angestammten rechten Kanal wanderte.
Cortez The Killer
Zu den bekanntesten Songs, auf denen Neil Youngs Gitarre links erklingt, gehört auch "Cortez The Killer". Der Song wurde im März 1975 bei den Sessions in Produzent David Briggs Haus am Zuma-Beach in Malibu aufgenommen. Auch auf anderen Songs des Albums "Zuma" spielt Neil Youngs links: "Stupid Girl", "Barstool Blues" und "Drive Back".
Laut der Biographie "Shakey" hatte sich Neil Young damals ausgerechnet das kleinste Zimmer des Strandhauses für die Aufnahmen ausgesucht. Möglicherweise war die falsche Position auf die beengten Verhältnisse zurückzuführen, wegen der das übliche Bandsetup mit Neil Youngs Gitarre auf dem rechten Kanal nicht möglich war. Lediglich bei "Dangerbird" ertönt Neil Youngs Gitarre auf "Zuma" auf dem gewohnten rechten Kanal.
Auch "Powderfinger" gehört zu den Songs, bei denen Neil Young ungewohnt links im Mix erklingt. Merkwürdig: Wie fast alle Songs vom Album "Rust Never Sleeps" von 1979 wurde "Powderfinger" während der 1978er Tour live auf der Bühne aufgenommen. Dort standen Neil Young und sein Verstärker aber rechts. Warum er auf dem Mix des Albums dann links ertönt ist unklar.
Übrigens wurde das im selben Jahr 1979 erschienene Live-Album "Live Rust" während derselben Tour aufgezeichnet. Aber hier ist Neil Young bei "Powderfinger" rechts zu hören. Auch beim Klassiker "Hey, Hey, My My (Into The Black)" auf "Rust Never Sleeps" kommt Neil Youngs Gitarre ungewohnt aus dem linken Kanal.
T-Bone
1981 taucht Neil Youngs E-Gitarre ebenfalls plötzlich links auf. Auf "T-Bone" vom Album "Re-Ac-Tor" - einem sinnfreien Song über Steak und gestampfte Kartoffeln - haben Neil Young und "Poncho" Sampedro die Seiten getauscht.
Hippie Dream
Neil Youngs Synthi-Pop-Phase bringt man nicht unbedingt mit längeren Gitarrensolos in Verbindung. In der Mitte von "Hippie Dream" vom Album "Landing on Water" aus dem Jahr 1986 gibt es aber eines - und es ist auf den linken Kanal gemischt.
Eldorado
Auch "Eldorado" vom gleichnamigen Album aus dem Jahre 1989, das auch auf "Freedom" erschien, gehört zu den seltenen Songs, auf denen Neil Young links außen spielt. Hier allerdings nicht ganz soweit nach links gemischt wie bei den anderen Songs, aber durchaus hörbar.
No Hidden Path
Linksextrem ist ebenfalls "No Hidden Path". Der epische 14-Minuten-Jam vom Album "Chrome Dreams II" aus 2007 ist der vorerst letzte, mit einer ungewohnt auf links gemixten Gitarre.
Wer sich die Alben Neil Youngs genau anhört wird auch einige Songs entdecken, bei denen seine Gitarre im Mix in die Mitte gerückt ist. Also: Kopfhörer auf oder Ohr an die Lautsprecherboxen und mit dem Stereo-Balanceregler spielen. Es gibt Überraschendes zu entdecken.
Eine Besonderheit stellt "Le Noise" von 2010 dar. Auf dem von Soundmagier Daniel Lanois produzierten Album ist die Gitarre in fast alle Richtungen gemischt. Bei der Gretsch White Falcon sogar nach Bass-Seiten und Treble-Saiten getrennt. Auch bei Neil Youngs Akustiksongs gelten andere Regeln für den Mix.
Ähnliche Artikel:
0 Kommentare :
Kommentar veröffentlichen
Wenn du auf meinem Blog Kommentare postest, werden die von dir eingegebenen Formulardaten (und unter Umständen auch weitere personenbezogene Daten, wie z. B. deine IP-Adresse) an Google-Server übermittelt. Mehr Infos dazu findest du in meiner Datenschutzerklärung (https://www.rusted-moon.com/p/impressum.html) und in der Datenschutzerklärung von Google.