Eins steht fest: Die Jungs hatten verdammt viel Spaß auf der Ranch. Und die fast kindliche Spielfreude der vier beinahe 70-jährigen Musiker überträgt sich mühelos auf den Hörer. Dazu hätte es der offenen Mikros am Ende der Songs und das aufgenommene Kichern und Feixen gar nicht bedurft. Ganz gleich also, wie man zur Songauswahl, zum kulturkritischen Überbau oder zum Gesamtprojekt von "Americana" steht: Selten hat eines der Alterswerke von Neil Young so viel Laune gemacht.
Die Gründe dafür sind ebenso vielschichtig, wie die verschiedenen Interpretationsebenen dieses Albums. Zunächst: Hier werden Folksongs interpretiert, die jeder kennt. Wer hat auf Klassenfahrt nicht "Von den blauen Bergen kommen wir" gegrölt? Die zweite Zeile "Unser Lehrer ist genauso blöd wie wir" ist uns ebenso fest ins Kleinhirn gemeißelt, wie die Melodie dieses Klassikers, der auf "Americana" jetzt "Jesus Chariot" (She'll Be Comin' Round The Mountain)" heißt. Neil Young gelingt es aber, die wohlige Erinnerung an Nachtwanderungen und Jugendstreiche mit der Überraschung zu kombinieren, dass sowas auch als Rockmusik verdammt gut klingen kann. Das vertraute rohe Rumpeln und die mäandernde Gitarrenarbeit Youngs nehmen diesen Songs jede Peinlichkeit.
Das Konzept funktioniert auch da, wo Neil Young von der ursprünglichen Melodie nicht viel zum Wiedererkennen übrig ließ. "Tom Dula" zum Beispiel, das jeder in schrecklichen Versionen aus den 1950er Jahre kennt, wirkt mit veränderter Stimmführung und in den grobschlächtigen Händen von "Crazy Horse" wie aus "Ragged Glory" entsprungen. Ebenso "Travel On", dessen Gitarrenpart an "Country Home" erinnert.
Überraschung des Albums ist "Galows Pole", das Crazy Horse fast wie eine elekrifizierte Brecht/Weill-Komposition mit Neil Young als männlicher Lotte Lenya präsentieren. Man kann sich gar nicht satt hören.
Wie wichtig aber der elektrische "Crazy Horse"-Trademarksound für das "Americana"-Konzept ist, erkennt man schnell an "Get A Job". Diese gesangsdominierte Doo-Wop-Nummer wirkt ein wenig fremd auf der Platte.
Seine Berechtigung hat der Song aber allemal, weil "Americana" auf einer anderen Ebene mehr ist, als nur ein lustiges Folk-Revival. Neil Young und "Crazy Horse" unternehmen nämlich auch eine Reise in ihre eigene Vergangenheit. Und die hieß bei "Crazy Horse" eben "Danny & The Memories" - eine Doo-Wop-Band, in der neben dem 1972 verstorbenen Danny Whitten auch Billy Talbot und Ralph Molina einst ihre Musikerlaufbahn begannen. "Get A Job" ist also auch eine Verbeugung Neil Youngs vor seinen alten Kumpels von "Crazy Horse".
Seine Berechtigung hat der Song aber allemal, weil "Americana" auf einer anderen Ebene mehr ist, als nur ein lustiges Folk-Revival. Neil Young und "Crazy Horse" unternehmen nämlich auch eine Reise in ihre eigene Vergangenheit. Und die hieß bei "Crazy Horse" eben "Danny & The Memories" - eine Doo-Wop-Band, in der neben dem 1972 verstorbenen Danny Whitten auch Billy Talbot und Ralph Molina einst ihre Musikerlaufbahn begannen. "Get A Job" ist also auch eine Verbeugung Neil Youngs vor seinen alten Kumpels von "Crazy Horse".
Die schlüpfen auf dem Album ja eigentlich in die Rolle von Neil Youngs erster Band "The Squires". Mit denen hatte der Kanadier damals in Winnipeg und Fort William die meisten der "Americana"-Songs schon im Repertoire. Songs wie "High Flyin' Bird" oder "Oh Susannah" spielt Young heute in genau jenen Arrangements, die er schon 1964 und 1965 in seinen Anfangsjahren erarbeitet, aber nie aufgenommen hatte. Und mit Stephen Stills steuert auf "Americana" jemand Guest-Vocals bei, der ihn damals als seine Vorgruppe hat auftreten sehen.
Stephen Stills war im Frühjahr 1965 von Neil Youngs rockigen Fassungen von "Clementine", "Tom Dooley" und "Comin' Round The Mountain" begeistert. Man kann ihm heute nur Recht geben!
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