März 18, 2011

Vor 35 Jahren: Neil Youngs erstes Konzert in Deutschland

Insgesamt 58 Mal hat Neil Young laut der Datenbank auf sugarmtn.org solo und mit verschiedenen Bands ins Deutschland gastiert. Die meisten dieser Auftritte - zehn an der Zahl - hatte er in Berlin. In Hamburg war er sieben Mal zu Gast, in Frankfurt trat er schon fünf Mal auf. Ein beschauliches kleines Städtchen in Baden-Württemberg, unmittelbar vor den Toren Heidelbergs gelegen, bringt es immerhin auf zwei Konzerte – und darf sich außerdem damit rühmen, den allerersten Auftritt auf deutschem Hallenboden überhaupt in seinen Stadtmauern beherbergt zu haben: Eppelheim.

Vor genau 35 Jahren, am 18. März 1976 um 20 Uhr, fand in der Rhein-Neckar-Halle in Eppelheim das erste Konzert von Neil Young in Deutschland statt.

Rhein-Neckar-Halle in Eppelheim
Rhein-Neckar-Halle Eppelheim
Aus Kopenhagen kommend, war Youngs Show in Eppelheim die erste von insgesamt vier, die der Veranstalter MAMA CONCERTS in Deutschland gebucht hatte. Im Abstand von jeweils nur einem Tag spielten Neil Young und Crazy Horse danach noch in Offenbach, Köln und Hamburg, bevor es weiter nach Paris ging.

Die Konzerte waren Teil der „Japan & Europe Tour with Crazy Horse“, die Neil Young am 3. März 1976 im japanischen Nagoya gestartet hatte. Innerhalb von nur 30 Tagen wurde dann ein Pensum von insgesamt 22 Konzerten abgespult - sieben in Japan und 15 in Europa. Die letzte Show dieser Tour ging am 2. April 1976 im schottischen Glasgow über die Bühne.



Setlist Neil Young in Eppelheim 1976Eppelheim war in den 70er und 80er Jahren so etwas wie ein Mekka der Rockmusik. Die Rhein-Neckar-Halle, ein schlichter Mehrzweckbau mit einem Fassungsvermögen von 8.000 Besuchern, war die größte Halle im Rhein-Neckar-Kreis und stand damals auf dem Tourneeplan vieler Bands. Der große Einzugsbereich um Heidelberg und Mannheim sowie die vielen in der Region stationierten amerikanischen Soldaten garantierten guten Besuch.

Das galt auch für den ersten Auftritt von Neil Young in Deutschland. Die Eintrittskarten gingen zum „Einheitspreis“ von 16 D-Mark "zzgl. Vorverkaufsgebühr" über die Theke der Theaterkassen – das Internet war ja noch nicht erfunden. Einen Tag später in Offenbach kostete die Karte übrigens mit 16,50 D-Mark satte 50 Pfennig mehr. Wie üblich, gab Young ein akustisches und ein elektrisches Set. Er spielte eine Mischung aus Klassikern seiner Alben bis Harvest und neuen Stücken, die in Youngs sehr kreativen Jahr 1975 geschrieben, zum Teil aber erst Jahre später auf Platte erschienen.

Eintrittskarte Neil Young 1976 in Eppelheim
Eintrittskarte
Unter den Besonderheiten der Eppelheimer Setlist ragt unter anderem das bis heute unveröffentlichte „Sad Movies“ heraus, das er in jenem Jahr 1976 überhaupt erstmals live - und das auch nur auf fünf Konzerten - präsentierte. Erst über 30 Jahre später, im Jahr 2007, sollte der Song dann wieder in Youngs Setlisten auftauchen. Auch „Let it Shine“ hatte Neil Young zuvor nur zwei Mal in Japan gespielt.

Der Song stammte aus seinen vor Crazy Horse verheimlichten Platten-Aufnahmen mit Stephen Stills in Miami zu Beginn des Jahres 1976. Er wurde später im Jahr auf Young' und Stills' Album „Long May You Run“ veröffentlicht. Live tauchte der Song nach der Show in Eppelheim nur noch in Amsterdam und London wieder im Programm auf. Danach stand er nur noch drei Mal auf der Setlist der unglückseligen US-Tour der Stills-Young-Band im Sommer 1976.

Sogar eine echte Uraufführung hatte Neil Youngs erstes Deutschlandkonzert in Eppelheim zu bieten: Als Zugabe gab es den „Barstool Blues“ vom ein Jahr zuvor erschienenen Album „Zuma“ zum ersten Mal in einer Live-Version zu hören. Insgesamt 17 Songs spielten Neil Young & Crazy Horse an diesem Abend und standen dabei etwa 85 Minuten auf der Bühne.

Cover des Neil Young in Eppelheim-Bootlegs
Cover des Bootlegs
Die Japan & Europa Tour von Crazy Horse im Jahr 1976 ist auf Band und Film gut dokumentiert. Das Konzert am 11 März in der Budokan Hall in Tokio wurde ebenso offiziell mitgeschnitten wie die Show am 31. März im Londoner Hammersmith Odeon. Beide Mitschnitte wurden dann aber nie offiziell veröffentlich, geistern aber gleichwohl auf DVD herum. Vom ersten deutschen Konzert in Eppelheim existiert eine Bootleg-CD.

Musikalisch bot die Tour rauen, ungeschliffenen Crazy-Horse-Sound vom Feinsten, den die vier Musiker meist unter nicht unerheblichen Drogeneinfluss produzierten. Legendär sind die Versionen des ein Jahr zuvor entstandenen „Like a Hurricane“, dass dann 1977 auf „American Stars ’n Bars“ erschien.

Viele Tour-Geschichten ranken sich dann auch um Konsum und Beschaffung von LSD und Marihuana. In „Shakey“ zitiert Jimmy McDonough Gitarrist Frank „Poncho“ Sampedro mit einer Anekdote vom Abflug in Hamburg nach Paris. Schon im Flieger sitzend, versuchte Sampedro damals verzweifelt, ein Päckchen Haschisch erst in den Flugzeugsitz zu stopfen und dann in seiner Hose zu verstecken, weil mit Maschinenpistolen bewaffnete deutsche Polizisten vor ihm auftauchten. Seine Panik verging erst, als sich die uniformierten Beamten als harmlose Autogrammjäger entpuppten

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Anekdote am Rande:

Mit der Horse-Tour 1976 wurde "Like A Hurricane" erstmals live präsentiert. In Eppelheim war
Neil Youngs Klassiker zum ersten Mal in Deutschland zu hören. Ob Eppelheim darüber glücklich
war, ist allerdings die Frage. Im gleichen Jahr 1976 wurde die Region um die Stadt nämlich von
einem schweren Sturm heimgesucht, der erhebliche Schäden anrichtete. Dabei wurde unter
anderem auch das Wahrzeichen der Stadt Eppelheim, der Wasserturm von 1907, beschädigt.
Der Sturm verbog dessen Spitze, die dann aufwändig repariert werden musste. Ein unmittelbarer
Zusammenhang mit der Deutschlandpremiere von "Like A Hurricane" ist allerdings nicht belegt.
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