Skurriles rund um Neil Youngs Modellbahn-Hobby
Die Musikfans sind an Neil Youngs Skurrilitäten längst gewöhnt: Alben mit überraschenden Musikstilen, lange verschobene Veröffentlichungstermine, weil der Meister wieder endlos am Sound bastelt, rotzig produzierte Alben mit roher Musik, bei denen der Meister fast überhaupt nicht am Sound gebastelt hat, verwirrende Doppelveröffentlichungen von CDs und DVD, verwackelte Filme und zuletzt sogar ein Comic. Wirklich verwundern kann den wahren Musikfan fast nichts mehr an der Kariere des Kanadiers.
Relativ unbekannt ist dagegen Neil Youngs Modellbahnerseite – und wahrlich nicht minder skurril.
Bekannt ist, dass der Musiker seit den 90er Jahren einen 20%-Anteil am amerikanischen Traditionshersteller LIONEL hielt – dem US-Pendat zur deutschen Firma Märklin. Im Rahmen eines Insolvenzverfahrens, das LIONEL wegen eines verlorenen 40-Mio.-Dollar-Lizenzstreites mit dem Konkurrenten MHT einleiten musste, verlor der Musiker 2008 seine Anteile, ist aber weiter beratend mit der inzwischen neustrukturierten Firma verbunden. Young besitzt zudem eine riesige LIONEL-Anlage der Spurweite 0 auf seiner Ranch in Kalifornien, die er mit selbstentwickelten Steuerungsanlagen so umgebaut hat, dass auch sein behinderter Sohn Ben damit umgehen kann. Die Steuerung – TrainmasterCommand – genannt ist heute Bestandteil des Lionel-Produktportfolios.
Aber Neil Young wäre nicht Neil Young, würde er sich mit seinem Firmenanteil und der Entwicklung der Steuerung zufrieden geben. Modellbahner in amerikanischen Lionel-Comunities berichten, dass auch eine andere Innovation des Herstellers unmittelbar auf den Musiker zurückgeht: Neuere Modellzüge sind mit dem RailSounds-System ausgestattet, mit dem Lokomotiven u.a. realistische Brems-, Kupplungs- und Dampfgeräusche von sich geben. Angeblich soll kein geringerer als Neil Young selbst, mit High-End-Aufnahmegeräten vor alten Dampf- und Dieselloks gelegen und die Aufnahmen gemacht haben. Auch sollen zahlreiche andere Produktmerkmale an Lokomotiven und Waggons auf Youngs Anregungen zurückgehen.
Und wie in der Musik, so spielt Young auch in der Modellbahnwelt gerne mit doppelten Identitäten. Benutzt er dort das Pseudonym „Bernard Shakey“ für oft wirre und wackelige Musikfilme wie Greendale oder Human Highway, so findet man ihn in der Modelbahnwelt unter seinem Alter Ego "Clyde Coil", der mit eigener Website Tipps und Tricks zu den Miniaturgleisen verrät. Man könnte Young also durchaus als eine Art „Jim Knopf“ der Rockmusik bezeichnen.
Auch skurile Wackelfilmchen fehlen im Modellbahn-Universium des Neil Young natürlich nicht. Seine Webseite „Coil Cupplers“ (auf Deutsch Feder-Kuppler, abgeleitet von der Federkupplung, mit der Waggons und Lokomotiven aneinander gekoppelt werden) weist auch auf einige Werbe-Filmchen hin, mit denen über Neuheiten im Lionel-Sortiment berichtet wird. Die Filme wurden, wie bei allen Young-Prduktionen, „aufwändig“ produziert.
Drehort ist übereinstimmenden Gerüchten zufolge, die Modellbahn auf Youngs Broken-Arrow-Ranch. Und wer genau hinhört, der erkennt die Synchronstimme von „Clyde Coil“ sofort wieder: Hier spielt der Meister selbst mit.
Sehr amüsant sind auch die Weihnachtsfilmchen, die die Produzenten der Promotionvideos seit 2005 verschicken.
Übrigens begegnen sich Youngs Musiker- und Modelbahnerseele immer wieder und beeinflussen sich sogar gegenseitig. Sein Hobby ist z.B. auf Tourneen stets präsent. So berichtete Kim Gordon von Sonic Youth von einer sonderbaren Begegnung während einer gemeinsamen Tour in den 90er Jahren. Währens Gordon sich etwas zu Essen machte, saß Neil Young daneben und spielte wie ein kleines Kind mit seinen Zügen herum. Laut Gorden soll auf Youngs Tourneebus-Modellanlage auch eine kleine Modellkuh gestanden haben, die „Muh“-Geräusche von sich gab. Damit war Young aber so unglücklich, dass er über eine Stunde damit verbrachte, das Muhen realistischer zu gestalten. Immer wieder fragte er die Jungs von Sonic Youth: „Ist es jetzt realistisch genug oder muss sich noch weiter dran feilen? Klingt etwas falsch?“
Vor seinem Einstieg beim Hersteller Lionel, war Young übrigens eng mit dem Vortand des amerikanischen Konkurrenzherstellers MTH, Mike Wolf, befreundet. Den Titeltrack des Harvest–Albums soll er in Wolfs Haus geschrieben haben. Heute sind beide wegen Rechtstreitigkeiten der beiden Firmen Lionel und MTH zerstritten.
Wer die Coilpix-Videos aufmerksam ansieht wird feststellen, dass die Anlage auch ein kleines Neil-Young-Paralleluniversum darstellt. Seine Ranch, der Wagen aus Neils Garage, sogar der LincVolt sind in der 1:45-Modellbahnwelt deutlich zu erkennen. Und wenn man genau hinhört, klingt da nicht eine Crazy-Horse-Session aus dem Scheunentor heraus?
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